Botschaft zur Individualbesteuerung

Botschaft zur Individualbesteuerung

Der Bundesrat hat zur Abschaffung der sogenannten Heiratsstrafe und zur Schaffung von Anreizen für eine höhere Erwerbsquote die Botschaft zur Volksinitiative "Für eine zivilstandsunabhängige Individualbesteuerung" sowie zum indirekten Gegenvorschlag, dem Bundesgesetz über die Individualbesteuerung, verabschiedet. Der Bundesrat empfiehlt die Ablehnung der Volksinitiative zugunsten des indirekten Gegenvorschlags.

Verfassungswidrigkeit

Unter der Heiratsstrafe wird die steuerliche Benachteiligung von verheirateten Paaren zu unverheirateten Paaren verstanden. Das Bundesgericht hat bereits im Jahr 1984 in seinem Urteil (BGE 110 Ia 7) entschieden, dass Steuergesetzgebungen, welche eine höhere Belastung für Ehepaare im Vergleich zu Konkubinatspaaren vorsehen, verfassungswidrig seien. Während die Kantone diese Thematik in der Vergangenheit aufgearbeitet und die Heiratsstrafe grossmehrheitlich abgeschafft haben, besteht diese auf Bundesebene nach wie vor. In der Vergangenheit wurden bereits mehrfach Bestrebungen unternommen, die Heiratsstrafe abzuschaffen, jedoch ohne Erfolg. Sowohl die aktuelle Volksinitiative als auch der indirekte Gegenvorschlag haben sich zum Ziel gesetzt, die Verfassungswidrigkeit anhand der Einführung der Individualbesteuerung zu beseitigen.

Volksinitiative

Die durch die Initiative vorgeschlagene Verfassungsbestimmung (Art. 127 Abs. 2bis BV) besagt, dass natürliche Personen unabhängig von ihrem Zivilstand zu besteuern seien. Aus der Bestimmung der Zivilstandsunabhängigkeit der Besteuerung geht hervor, dass die Initiative die Einführung einer Individualbesteuerung fordert. Die zivilstandsneutrale Individualbesteuerung soll für alle drei Staatsebenen gleichermassen gelten. Im Falle einer Annahme der Volksinitiative wäre somit die heute beim Bund und in den Kantonen geltende gemeinsame Besteuerung von Ehepaaren ohne erneute Verfassungsänderung ausgeschlossen. Überdies wäre die Verfassungsbestimmung nicht unmittelbar anwendbar, sondern bedürfte der Umsetzung durch den Bundesgesetzgeber, indem das DBG und das StHG entsprechend geändert würden.

Da es keine Verfassungsbestimmung braucht, um eine Individualbesteuerung einzuführen und mit der allfälligen Annahme der Initiative erst ein Richtungsentscheid gefällt würde, der noch der Umsetzung auf Gesetzesstufe bedürfte, lehnt der Bundesrat die Initiative ab und stellt ihr mit dem Bundesgesetz über die Individualbesteuerung einen indirekten Gegenvorschlag gegenüber. Damit kann das Ziel der Initiative – die zivilstandsunabhängige Besteuerung – schneller erreicht werden (zu Vorgenanntem vgl. die Botschaft des Bundesrates).

Indirekter Gegenvorschlag

Der Bundesrat sieht vor, mit dem Bundesgesetz über die Individualbesteuerung (indirekter Gegenvorschlag) folgende Kernpunkte umzusetzen:

  • Ehepaare werden wie unverheiratete Paare individuell besteuert. Ihre Einkünfte und Vermögenswerte sind nach den zivilrechtlichen Verhältnissen aufzuteilen, wie das heute bereits bei unverheirateten Paaren der Fall ist. Ehepaare sollen zwei getrennte Steuererklärungen ausfüllen.
  • Kinderrelevante Abzüge werden bei der direkten Bundessteuer grundsätzlich hälftig aufgeteilt.
  • Der Kinderabzug wird bei der direkten Bundessteuer von heute 6'700 auf neu 12'000 Franken erhöht.
  • Der Tarif der direkten Bundessteuer wird angepasst (Absenkung der Steuersätze für tiefe und mittlere Einkommen; Erhöhung des Grundfreibetrags; Senkung des Betrags, bei dem der Maximalsatz erreicht wird).
  • Die Individualbesteuerung wird für alle drei staatlichen Ebenen vorgesehen.
  • Bei der direkten Bundessteuer ergeben sich geschätzte Mindereinnahmen von einer Milliarde Franken. Davon entfallen rund 800 Millionen Franken auf den Bund und rund 200 Millionen Franken auf die Kantone.

Die Individualbesteuerung soll für sämtliche Steuerhoheiten umgesetzt werden. Eine unterschiedliche Regelung in Bund, Kantonen und Gemeinden käme einer Entharmonisierung gleich und würde die Komplexität des Steuersystems wesentlich erhöhen. Die Verankerung der Individualbesteuerung auf allen drei Ebenen bedeutet, dass die Kantone ihre Gesetzgebung anpassen müssen. Sie werden ihre Steuertarife und gewisse Abzüge überprüfen und gegebenenfalls neu festlegen müssen. Der Gesetzgebungsprozess inklusive einer allfälligen Volksabstimmung muss durchlaufen werden. Die kantonalen Steuerverwaltungen werden auch den Vollzug der neuen Bestimmungen, die Schulung des Personals sowie die IT-Anpassungen an die Hand nehmen müssen. Den Kantonen soll dafür ausreichend Zeit eingeräumt werden. Die Neuerungen bei der direkten Bundessteuer und in den kantonalen Steuergesetzen sollen zum gleichen Zeitpunkt in Kraft treten. Gemäss dem Gesetzesentwurf soll der Bundesrat den Zeitpunkt des Inkrafttretens bestimmen. Den Kantonen wird in der Regel eine Frist von mindestens zwei Jahren für die Anpassung ihrer Gesetzgebung gewährt. Beim fundamentalen Wechsel zur Individualbesteuerung wird diese Frist jedoch länger sein (zu Vorgenanntem vgl. die Botschaft des Bundesrates)

Ausblick

Der Bundesrat empfiehlt die Volksinitiative zur Ablehnung, weil mit dem indirekten Gegenvorschlag das gleiche Ziel schneller erreicht werden kann. Das Parlament hat nun seinerseits bis zum 8. März 2025 Zeit, eine Empfehlung zur Annahme oder Ablehnung der Volksinitiative abzugeben. Die Frist kann um ein Jahr verlängert werden, wenn ein Rat vorher einen Beschluss zum indirekten Gegenvorschlag gefasst hat. Es bleibt als spannend in Sachen Abschaffung der Heiratsstrafe und abzuwarten, ob es diesmal klappt.

Bei allfälligen Fragen  stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne unterstützend zur Verfügung.

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